Wie wir bereits zu einem früheren Zeitpunkt angekündigt hatten, wird das Cusanus-Institut mit der Sektion zum Thema „Die argumentative Kraft (und Schwäche) der Faktizität im politischen Handeln des Nikolaus von Kues (1401-1464)“ am 54. Deutschen Historikertag 2023 in Leipzig vertreten sein.
Die Sektion findet am im Raum S127 (Universität Leipzig) statt. Vortragssprachen werden Deutsch und Englisch sein.
Prof. Dr. Petra Schulte (Sektionsleitung), Dr. Marco Brösch, Prof. i.R. Johannes Helmrath (Berlin), Prof. Dr. Paula Pico Estrada (Buenos Aires), Prof. Dr. Georg Strack (Marburg) und Dr. Thomas Woelki (Berlin) werden sich mit Vorträgen an der Sektion beteiligen.
Abstract
Im Proömium der „Concordantia catholica“ betonte Nikolaus von Kues, dass andere Nationen ins Staunen geraten werden, wenn sie die unbekannten Zeugnisse lesen, die er als Deutscher zusammengetragen hat. Mit Sorgfalt habe er Originale aus alten Klosterschränken gesichtet, die lange nicht gebraucht und insofern vergessen worden seien. Und da seine Ausführungen auf diesen und nicht auf Florilegien, Zitatensammlungen, beruhten, sei seiner Abhandlung zu vertrauen. Es blieb ein Merkmal des Juristen, der später päpstlicher Legat, Bischof und Landesfürst sowie Kardinal wurde, dass er herrschende Narrative mit dem Verweis auf das tatsächliche Geschehen in der Vergangenheit und der Gegenwart als falsch zu entlarven versuchte. Die gezielt gewonnenen Informationen evozierten ein Bild des Faktischen und begründeten den Wahrheitsanspruch des Cusanus sowie seine Forderungen nach Recht und Reformen. Dass die von ihm präsentierten Fakten nicht in jeder Situation anerkannt, sondern in ihrer Gewichtung auch hinterfragt oder sogar bekämpft wurden, stellte eine kontinuierliche Herausforderung für ihn dar und führte in den letzten Jahren seines Lebens zum Gefühl, verfolgt zu werden und versagt zu haben. Die Verbindung von umfassender Information, Faktizität, Evidenz und Wahrheit, die sich im späten Mittelalter etabliert und die sich Nikolaus von Kues in einer besonderen Art und Weise zu eigen gemacht hatte, mündete in zum Teil unüberwindbare Widerstände gegen seine Positionen. Als politischer Akteur vermochte er auf der anderen Seite aber durchaus auch, Informationen strategisch einzusetzen, sie zurückzuhalten oder ein fehlendes Wissen vorzutäuschen. In der Sektion sollen an seinem Beispiel der Umgang mit Informationen, die argumentative Kraft (und Schwäche) der Faktizität, ihr Bezug zur Wahrheit und zum Glauben sowie das Ringen um Glaubwürdigkeit und Autorität im 15. Jahrhundert nachgezeichnet werden.
Die einzelenen Vortragsthemen finden Sie hier: https://www.historikertag.de/Leipzig2023/programm/sektionen/die-argumentative-kraft-und-schwaeche-der-faktizitaet-im-politischen-handeln-des-nikolaus-von-kues-1401-1464/