Nikolaus von Kues wird von uns als ein – in Personenkonstellationen eingebundener – Mensch des 15. Jahrhunderts betrachtet, der die Vielfalt, Komplexität, Widersprüchlichkeit, Konfliktträchtigkeit und gleichzeitige Innovationskraft seiner Zeit wahrnahm und sich mit diesen Phänomenen intellektuell, aber auch im Alltag auseinandersetzte. Von dieser Grundannahme ausgehend entwickeln die Mitarbeiter:innen neue Zugänge zum Leben und zu den Werken des Cusanus, die gemeinsam mit internationalen Kolleg:innen transdisziplinär diskutiert werden.
Projekt:
Nikolaus von Kues: Predigten in deutscher Übersetzung
Bearbeiterin:
Dr. Viki Ranff
Finanzierung: Das Projekt wird von der Satoshi Oide-Stiftung und der Günter Klotz und Helena Klotz-Makowiecki Stiftung unterstützt.
Der Gründungsauftrag des Institutes für Cusanus-Forschung war die textkritische Edition der nahezu 300 Predigtentwürfe des Nikolaus von Kues in der Heidelberger Akademieausgabe seiner Werke. Sie füllen vier Bände in fünf Büchern (h XVI-XIX). Die nachfolgende Generation der Institutsmitarbeiter begann mit der Übersetzung und Erschließung der Sermones in vier Bänden, deren Bände 2 und 3 vorliegen. Die Drucklegung des vierten Bandes erfolgt im Jahr 2021. Abgeschlossen wird die Reihe mit dem ersten Band, der zunächst zurückgestellt wurde, da die frühen cusanischen Predigten größtenteils in der Übersetzung von Josef Sikora und Elisabeth Bohnenstädt von 1952 greifbar sind.
Die Predigten und Predigtentwürfe des Cusanus umfassen einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren, nämlich von Weihnachten 1430 bis zum 5. Juni 1463. Zwar sind sie nicht gleichmäßig über die Lebensphasen des Autors verteilt, lassen aber dennoch eine Entwicklung seines theologischen Denkens und seiner Predigtabsichten erkennen. Von den frühen, noch durch eine intensive Rezeption theologischer Autoritäten geprägten Texten über eher pastoral motivierte, stark bildhafte Predigten bis zu ausgestalteten theologischen Predigttraktaten der letzten Jahre reichen die von Cusanus selbst für ein Predigtbuch gesammelten Sermones. Er war nämlich überzeugt, damit einem theologischen Anliegen zu dienen, wenn sie der Nachwelt überliefert würden. Dieses zentrale Anliegen ist die Erhellung des Christusmysteriums und dessen prägenden Einflusses auf das christliche Menschenbild.
Die Predigten auch Leserinnen und Lesern ohne ausreichende Lateinkenntnisse nahezubringen, ist ein Ziel des Übersetzungsprojektes. Durch Hinweise auf Bibelzitate oder biblische Anspielungen, Bezüge zu theologischen Autoren insbesondere der frühen Kirche, aber auch auf interne Werkbezüge des Cusanus und wichtige Sekundärliteratur werden die Texte inhaltlich erschlossen.
Edition:
Nikolaus von Kues. Predigten in deutscher Übersetzung
Vorträge:
– Viki Ranff, Cusanus 1453. Leben und Werk im Spiegel von Sermones aus einem Krisenjahr, Geschäftsstelle des Cusanuswerkes, Bonn, 2018.
– Viki Ranff, Das Vermögen der vita activa in den Sermones des Nikolaus von Kues, Cusanus-Symposion: Geld und Arbeit. Nikolaus von Kues und das ökonomische Denken im 15. Jahrhundert, Trier, 2018.
Publikationen:
– Viki Ranff, „Dionysisches“ in den Sermones des Nikolaus von Kues, in: Mitteilungen und Forschungsbeiträge der Cusanus-Gesellschaft 34 (2016) S. 221-238.
– Viki Ranff, Bilder der Weisheit in den Predigten des Nikolaus von Kues, in: Mitteilungen und Forschungsbeiträge der Cusanus-Gesellschaft 34 (2016) S. 341-353.
– Viki Ranff, Das Vermögen der vita activa in den Sermones des Nikolaus von Kues, in: Geld und Arbeit. Nikolaus von Kues und das ökonomische Denken im 15. Jahrhundert, hrsg. von Petra Schulte (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte), in Druckvorbereitung.
Projekt:
Cusanus-Bibliothek
Bearbeiter:
Prof. Dr. Petra Schulte, Dr. Marco Brösch, Ingo Keuser M.Ed.
Koordination:
Alexandra Geissler M.A.
Siehe auch: Cultural Heritage Studies Trier
In Fortsetzung der traditionellen Grundlagenforschung des Cusanus-Instituts arbeitet dessen Team zusammen mit dem St. Nikolaus-Hospital/Cusanusstift in Bernkastel-Kues an der Digitalisierung, Erschließung und Auswertung der Cusanus-Bibliothek. In einem von der Universität Trier aus Mitteln des Forschungsfonds des Landes Rheinland-Pfalz – Förderung regionaler Forschungsexzellenz, Förderlinie 2 – Ideen und Strukturen finanzierten Pilotprojekt werden dabei zunächst sechs Handschriften (Cod. Cus. 217–Cod. Cus. 221) der Gelehrten-Bibliothek digitalisiert und wissenschaftlich beschrieben (Laufzeit 2020–2021).
Das Projekt, dessen weiterer Kooperationspartner das Handschriftenzentrum der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz (Prof. Dr. Eef Overgaauw) ist, bildet die Ausgangsbasis für ein langfristiges Forschungsvorhaben, das die gesamte Cusanus-Bibliothek mit ihren insgesamt 316 Handschriften in den Blick nimmt. Da aus dieser Sammlung noch ca. 270 Manuskripte aus dem direkten Nachlass von Nikolaus von Kues stammen, handelt es sich dabei um eine der größten Privatbibliotheken des Mittelalters, deren Überführung von Italien nach Deutschland 1465 Cusanus noch testamentarisch verfügt hatte. Neben der Untersuchung der Leseinteressen und Quellen des Philosophen und Theologen, die parallel zu der überlieferten eine imaginäre Bibliothek entstehen lässt, wird auch das Netzwerk der europäischen Humanisten und Gelehrten um Nikolaus von Kues und mit ihm der Austausch von Handschriften, Ideen und Korrespondezen aufgezeigt werden.
Mit der Digitalisierung, Erschließung und Auswertung der Cusanus-Bibliothek in Bernkastel-Kues sowie der dislozierten Handschriften wird eine der grundlegendsten Aufgaben der 1960 gegründeten Cusanus-Gesellschaft und seines Forschungsinstitutes erfüllt, die u. a. in der „Sorge um die Erhaltung und Sicherung dieses einzigartigen Kulturdenkmals“ besteht, „in dem uns der Geist des Cusanus noch am unmittelbarsten berührt.“ (H. Krämer, Cusanus-Gesellschaft. Ihre Gründung und Zielsetzung. In: Mitteilungen und Forschungsbeiträge der Cusanus-Gesellschaft, 1, 21968, S. 7–13, hier S. 10.)
Vorträge:
– Marco Brösch, Heart and Spirit United: The Cusanus-Library at the St Nikolaus-Hospital in Bernkastel-Kues as a Memorial Site, International Medieval Congress, Leeds, Sektion 732, 2018.
– Marco Brösch, Herz und Geist vereint – Die Bibliothek des Nikolaus von Kues als Memorialraum“, 41. Kölner Mediävistentagung, Universität Köln, 2018.
Publikationen:
– Marco Brösch, Herz und Geist vereint – Die Bibliothek des Nikolaus von Kues als Memorialraum, in: Die Bibliothek – The Library – La Bibliothèque. Denkräume und Wissensordnungen, hrsg. von Andreas Speer und Lars Reuke (Miscellanea Mediaevalia, 41), Berlin/Boston 2020, S. 691–718.
Projekt:
Die philosophisch-theologische Kirchenväterrezeption bei Cusanus
Bearbeiterin:
Dr. Viki Ranff
„Die Vergöttlichung des Menschen bei Pseudo-Dionysius Areopagita, Johannes Scotus Eriugena und Nikolaus von Kues“ bildet das Thema des Habilitationsvorhabens von Frau Dr. Viki Ranff und zugleich den ersten Teil eines größeren Projekts, das im zweiten Teil die Kirchenväterrezeption bei Hildegard von Bingen und Cusanus in den Mittelpunkt stellt. Ein Fokus liegt hier auf der Dionysius-Rezeption. Der Autor, der um 500 n. Chr. die Philosophie des Neuplatonismus mit der christlichen Theologie verband, galt als große Autorität, denn er wurde bis in die Zeit des Cusanus unter seinem Pseudonym Dionysius Areopagita für einen Schüler des Apostels Paulus gehalten. Er prägte die Schriften des Nikolaus von Kues in außerordentlicher Weise. Diese Prägung hinterließ auch Spuren in dessen Bibliothek, denen ebenfalls nachgegangen wird.
Publikationen:
– Viki Ranff, Mystische Theologie und Gottes-Gedanke bei Pseudo-Dionysius und Nikolaus von Kues, in: Mitteilungen und Forschungsbeiträge der Cusanus-Gesellschaft 33 (2012) S. 149-167.
– Viki Ranff, Mit Dionysius gegen Wenck. Areopagitisches in der „Apologia doctae ignorantiae“ des Nikolaus von Kues, in: Die Modernitäten des Nikolaus von Kues. Debatten und Rezeptionen, hg. von Tom Müller und Matthias Vollet, (Mainzer Historische Kulturwissenschaften 12), Bielefeld 2013, S. 43-56.
– Viki Ranff, „Dionysisches“ in den Sermones des Nikolaus von Kues, in: Mitteilungen und Forschungsbeiträge der Cusanus-Gesellschaft 34 (2016) S. 221-238.
– Viki Ranff, Liest Hildegard von Bingen Hieronymus?, in: TThZ (2020) S. 221-247.
– Viki Ranff, Die Quellen der cusanischen Gottesnamen-Spekulation bei Pseudo-Dionysius Areopagita, in: Mitteilungen und Forschungsbeiträge der Cusanus-Gesellschaft 35, in Druckvorbereitung.
Projekt:
Codex Cusanus 221
Bearbeiter:
Ingo Keuser M.Ed.
Prof. Dr. Petra Schulte
Der in der Cusanus-Bibliothek überlieferte Codex Cusanus 221, das sogenannte Cusanus-Chartular, ist eine der Hauptquellen zur Auseinandersetzung zwischen Nikolaus von Kues und Herzog Sigismund von Tirol. Die Handschrift wurde 1462/63 von Simon von Wehlen, der ein Neffen des Cusanus, einer seiner wichtigsten Sekretäre und Rentmeister in Brixen war, zusammengestellt. Auf 550 Seiten finden sich darin ca. 421 deutsche und lateinische Dokumente (Bullen, Briefe, Zeugenaussagen, Breven, Instruktionen, Reden, Gutachten etc.) mit vielen persönlichen Anmerkungen von der Hand des Kardinals. Die Fragen, die Herr Ingo Keuser in seinem Promotionsvorhaben an das Manuskript stellt, reichen von der Beschreibung der Handschrift über die Argumentations- und Verteidigungsstrategie des Nikolaus von Kues bis hin zur Person des Simon von Wehlen.
Frau Prof. Dr. Petra Schulte widmet sich ausgehend vom Codex Cusanus 221 der Beziehung zwischen Nikolaus von Kues und Venedig.